Sprache

Sprache

Sprache, im allgemeinen der lautliche Ausdruck des Gedankens (Sprachvermögen); im besondern der gesamte Vorrat von Worten und deren Formen, in denen ein Volk seine Gedanken ausdrückt. Den lebenden S. (noch jetzt von einem Volke im Verkehr gesprochenen) stehen die toten S. (nur in Denkmälern erhaltenen), wie Latein, Altgriechisch etc., gegenüber. Die Sprachwissenschaft (Linguistik) erforscht den Ursprung der S., das Verhältnis des Sprechens zum Denken, den genetischen Zusammenhang von S. untereinander und die histor. Veränderung der S. (histor. Grammatik, s. Grammatik). Sie hat nachgewiesen, daß eine gewisse Anzahl von S. aus einer Ur- oder Grundsprache hervorgegangen sind und zusammen einen Sprachstamm bilden, der in verschiedene wieder näher verwandte Abteilungen, Sprachfamilien (z.B. indogerman. Sprachstamm, german. Familie), und diese in Einzelsprachen (die german. in Gotisch, Nordisch, Westgermanisch) und endlich diese wieder in Dialekte (Anglofriesisch, Niederdeutsch und Hochdeutsch) zerfallen. Die einem Sprachstamm oder einer Sprachfamilie angehörenden S. heißen Schwester-S., die von einer ältern S. abstammende jüngere Form Tochter-S. Nach der Morphologie der S. unterscheidet die Sprachwissenschaft: 1) isolierende (einsilbige) S., die nur Bedeutungslaute (Wurzeln) haben, zwischen denen die Beziehung lautlich nicht ausgedrückt ist (z.B. das Chinesische); 2) agglutinierende (zusammenfügende) S., bei denen die Beziehungslaute mit den unverändert bleibenden Wurzeln entweder durch Nachsetzung (Suffigierung), oder Vorsetzung (Präfigierung), oder Hineinsetzung (Infigierung) zusammengefügt werden (die polynesischen, drawidischen, uralaltaischen S. etc.); 3) flektierende S., bei denen die Wurzel selbst zum Zweck des Beziehungsausdrucks verändert und außerdem die Beziehungslaute mit der Wurzel zusammengefügt werden (der indogerman. und semit. Sprachstamm). (S. auch Analytisch und Synthese.) Die Schrift-S., d.h. die über den Dialekten stehende Ausdrucksweise der Schriftsteller wie aller Gebildeten eines Volks, ist meist der Dialekt des Stammes, der zuerst eine Literatur erzeugte. (Vgl. auch Artikel Erde und Menschenrassen, sowie Karte: Bevölkerung II, 3.) – Vgl. W. von Humboldt, »Über die Verschiedenheit des menschlichen Sprachbaues« (neue Ausg. 1876); Steinthal, »Ursprung der S.« (4. Aufl. 1888); ders., »Charakteristik der hauptsächlichsten Typen des Sprachbaues« (2. Aufl. 1893); Paul, »Prinzipien der Sprachgeschichte« (3. Aufl. 1899); von der Gabelentz, »Die S.« (2. Aufl. 1901); Wundt, »Sprachgeschichte und Sprachpsychologie« (2 Bde., 1901); Delbrück, »Einleitung in das Sprachstudium« (4. Aufl. 1904); Wundt, »Völkerpsychologie«, Bd. 1: »Die Sprache« (2. Aufl. 1904).


http://www.zeno.org/Brockhaus-1911. 1911.

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